Erstens kommt es anders…

Es lief doch alles so schön. Nach zwei Siegen zum Auftakt wurde uns Iserlohn zugelost. Die Sauerländer kannten wir ja schon von der NRW-Meisterschaft. Damals konnte nur deren Spitzenbrett Paroli bieten. Auch jetzt sollte es ein Pflichtsieg werden.

Gregor bekam sogar ausnahmsweise Erlaubnis für ein frühes Remis. An den restlichen Brettern waren wir so haushoch überlegen, dass selbst im schlimmsten Fall höchstens ein Punkt verloren gehen sollte. Aber spätestens seit Fukushima ist Restrisiko eben eine unberechenbare Größe. Gregor konnte sich zwar revanchieren und sogar den vollen Punkt einheimsen, aber an den restlichen Brettern wurde der Begriff des Supergaus neu definiert. Jan veropferte sich grundlos und fehlerhaft, Alex erfand eine neue Interpretation des Themas „rückständiger Bauer“ und Tim sah so viele Gespenster, dass er einfach das Ziehen einstellte und die Hälfte der Partie im 30-Sekunden-Modus absolvieren musste. Schließlich gingen praktisch alle drei Partien verloren, auch wenn Alex aus turniertaktischen Gründen ein Remis geschenkt bekam.

Mitten rein in die Depression platzte auch noch der nächste Gegner Hamburg, Setzlistenzweiter, an allen Brettern 100 DWZ stärker und nicht gerade ein Aufbaugegner.

Und es schien auch alles auf eine weitere Niederlage hinzusteuern. Gregor winselte früh ums Remis. Tim verlor eine Figur und Michael kompensierte Schwächen am Damenflügel mit Schwächen am Königsflügel. Nur Alex spielte selbstbewusst und kassierte einen Bauern nach dem anderen ein. Schließlich kam es bei Michael (Schwarz) zu folgender Stellung:

 

Die schwarze Dame hängt und auch der Bauer auf g5 als letzte Deckung für den exponierten schwarzen König ist unter Beschuss. An dieser Stelle griff Michael zu einem wahren Geniestreich: Dd6!! Natürlich zögerte Weiß nicht lange und spielte Txg5+

 

 

„Drei Figuren sind ein Matt.“, sagt man. Für drei Schwerfiguren gegen gegen den nackten König sollte das wohl erst recht gelten. In diesem Moment verbot ich Gregor weitere Remisangebote, in der Annahme, dass diese Partie gleich den Bach runterging. Aber weit gefehlt! Nach Kh6! (einziger Zug) hängt plötzlich der Turm auf g5 und der hat fast keine Felder. Das einzige Feld auf c5 wird mit dem unglaublichen Lxh3!! mit schwarzem  Vorteil quittiert. Laut Schachfreund Stockfish muss Weiß nach Kh6 mit Tf7 ums Remis kämpfen (Kxg5 Tg7 nebst Dauerschach). Aber es kam Te5?? und nach Txe5 dxe5 und Txd2+ gab Weiß auf.

Plötzlich führten wir sogar und Gregor gewann auch noch, wie immer, wenn er einfach weiterspielt. Er hat jetzt 4/4 und wollte in jeder Partie Remis machen. Alex verbaselte seine Gewinnstellung zwar noch ins Remis, aber dafür konnte Tim sein Endspiel mit Minusspringer halten.

Der Sieg gegen die Hanseaten rettete uns den Tag, morgen geht es weiter gegen Erfurt (Setzlistenplatz 15). Wird schon schiefgehen…