Ali bei der WM, ja echt!

Vom 26.-30. Dezember stieg die Rapid- und Blitzweltmeisterschaft 2021 in Polen. Als aktueller Libyscher Champion entschied sich Ali Elier aus unserer ersten Jugendmannschaft dazu, sich mit aktuellen Größen des Schachsports, wie Carlsen und Vachier-Lagrave zu messen.
Da Alis letzte DVM der U20-Mannschaft auf Frühjahr diesen Jahres, wie schon 2020, coronabedingt verschoben wurde, konnte er die Blitz-WM vom 29. an mitspielen. Kurz nachdem er auch unser jährliches Blitzturnier zu Weihnachten gewann, ging es nun also um die Wurst. Spaß aus und vorbei.
Zunächst stand direkt bei Anreise jedoch das obligatorische Fußballturnier an, wie viele Jugendliche es von den NRW und Deutschen Meisterschaften kennen. Der einzige Unterschied war, dass man mit aktuellen weltbekannten Schachlegenden in einem Team spielte, wie Timur Gareyev, der zwar den Ball schießt, als ob er die falsche Taste bei Fifa gedrückt hat, aber den Weltrekord inne hält, gegen die meisten Personen (48!) mit zugebundenen Augen im Simultan zu gewinnen.

Nicht umsonst nennt man ihn liebevoll den „Blindfoldking“. Schnell freundete man sich im warmen Bus an, bevor man mit Shorts spät abends bei Minusgraden in Warschau die Sporthalle suchte. Gerüchte gingen umher, dass Magnus kommen wolle, jedoch hatte dieser gerade Einspruch auf ein fragwürdiges Tiebreak System eingelegt, dem die FIDE nicht Folge leistete und so war dieser in der Lobby des Turnierhotels sichtlich angefressen. Als Ali sein Tor gegen den FIDE Präsidenten als Torwart, direkt vor ihm ganz wie Cristiano Ronaldo feierte, spalteten sich die Geister, jedoch hatte man sein Grüppchen an Super-GMs gefunden, die am nächsten Tag zu einem kamen und fragten, wie du gespielt hast.

So surreal es schien, Ali analysierte mit Caruana und MVL seine Partien mehrfach. Wenn auch nicht am Brett, sondern wie es sich gehört, im Kopf in der Players Lounge. Erwähnenswert ist, dass es 3 weitere „VIP-Räume“ gab. Einer für die Polen, dann für die Top 10, und noch einer ganz alleine für Magnus Carlsen, der in Dubai gerade erst seinen Weltmeistertitel verteidigte.

Genug Superlative. Privilegien, die für das Brackeler Eigengewächs noch in weiter Ferne schienen, jedoch hielt ihn dies am ersten Turniertag nicht davon ab, grandios aufzuspielen.

TAG 1
Mit Morra überspielte er gleich mehrere Großmeister und lehrte den ein oder anderen auch ein paar neue Tricks. Unterm Strich betrug die Bilanz 4/11 Punkten, was sich gegen 8 GMs und 2 IMs durchaus sehen lassen konnte. Nachdem man am Anreisetag zuvor noch staunend Nakamura und Firouzja in der Lobby beäugte, schien es nun relativ normal gegen sie eine Runde am Abend freundschaftlich zu blitzen. 

TAG 2
Dies war auch schon der letzte Tag der Blitz-WM in Warschau 2021, jedoch ist an jenem Tag noch eine Menge passiert. Max Bartelt stieß zum Berichterstattungsteam dazu, das Nikolay Kartsev zuvor leitete. Während dieser Alis besten Momente per Kamera einfing, stürzte sich Nikolay ins Projekt, folgendes virale Video großzumachen, welches er am Tag davor vom gemeinsamen polnischen Freund Pawel Teclaf schoss. Lauter Frustration über das Einstellen eines Matts in 2 stürzt der 18-jährige IM fluchend vom Stuhl. 

https://www.youtube.com/watch?v=e1ftkDt11Rw

Und tatsächlich, fast 300.000 Views auf YouTube und Millionen auf Twitter und diversen Schachkanälen bis ganz nach Indien und den USA teilten den Clip.

Für Ali verlief der zweite Teil des Turniers leider ebenso, wie der Fall des polnischen Supertalents.
Voller Schmerzen, trotz Aufbäumen.

Was nach einem verheißungsvollen Auftritt aussah, wo er zunächst den schwedischen Namensvetter des Weltmeisters GM CarlSSON gnadenlos in der Eröffnung überspielte und sich dann mit einem Dauerschach zufrieden geben musste, erreichte Libyens Nummer 1 leider nur noch einen Sieg. Wenn auch gegen einen seiner Lieblingsgegner, einen Araber. So gewann er schon gegen Algeriens Nr.1 GM Bilel Bellahcene am ersten Tag, was Alis besten Sieg des Turniers verhieß und nun auch gegen den Irakischen FM Kasib Laith.
Am Ende des Turniers standen 5,5/22, einer der Plätze im letzten Tabellendrittel, und so war Ali berechtigterweise enttäuscht, jedoch auch stolz und nicht ohne Grund waren seine Freunde und Familie aus aller Welt begeistert von seiner taktischen Spielweise und strategischen Ausgefuchstheit und die Jugendspieler konnten ausgelassen zusammen Silvester in Warschau feiern. Man konnte enorm viel mitnehmen aus den gemeinsamen Gesprächen mit der Topspitze der Welt. 

—An der Olympiade im Sommer in Moskau, sowie der Afrikameisterschaft und der nächsten R&B WM plant Ali wieder teilzunehmen, Libyen zu vertreten. Und so wünschen wir ihm weiterhin viel Erfolg für die weiteren Jahre im professionellen Schachspiel!

Bericht von: Nikolay Kartsev