Schrumpfköpfe

Die Schachjugend NRW traf sich am Samstag in Dortmund zur Jahreshauptversammlung. Dort wurden es eine Reihe von Veränderungen beschlossen, mindestens einer ist davon ist leider folgenschwer. Die Jugendligamannschaften spielen ab nächster Saison nur noch an sechs Brettern.

Mit schöner Regelmäßigkeit wurde auf den JHV´s der SJNRW in der Vergangenheit ein Antrag in dieser Richtung eingereicht und auch immer mit deutlicher Mehrheit abgelehnt, diesmal jedoch nicht. Die Argumente dafür sind zwar oberflächlich nachvollziehbar, halten jedoch keiner näheren Prüfung stand.
1) „Die DVM´s werden auch nur an sechs Brettern gespielt. Die zwei Spieler einer 8er-Mannschaft, die bei einer Qualifikation nicht mitfahren dürfen, wären doch zu bedauern.“
Ob diese Zwei nun weniger traurig sind, weil sie garnicht mehr in der Mannschaft spielen können? Und es qualifizieren sich schließlich nur drei von 24 NRW-Liga-Mannschaften für die das überhaupt ein Kriterium ist.
2) „Der demografische Wandel sorgt für zunehmende Probleme bei der Nachwuchsgewinnung. Die Verbände haben bereits enorme Schwierigkeiten den Spielbetrieb mit 8er-Teams aufrecht zu erhalten.“
Stimmt tatsächlich, allerdings weniger der demografische Wandel als das G8-Turboabi macht den Vereinen zu schaffen. Nun stellt sich die Frage, wie man dieser Herausforderung begegnen will. Nur verstärkte Anstrengungen der Vereine können da entgegenwirken. Stattdessen geht man den Weg des geringsten Widerstands. Wir verkleinern einfach die Mannschaften, dann wird alles einfacher. Aber Schrumpfprozesse machen nichts einfacher. Tatsächlich bedeutet eine Verkleinerung der Mannschaftsstärke nur, dass weniger Jugendliche Schach spielen werden, noch weniger. Wer jetzt keine acht Leute ans Brett kriegt, kriegt auch bald keine sechs mehr.
Der Deutsche Fußballbund meldete kürzlich, dass einige tausend(!) Jugendmannschaften weniger am Spielbetrieb teilnehmen. Mit seinen unvergleichlich größeren finanziellen Möglichkeiten wurde daraufhin vom DFB eine Offensive im Jugendbereich angekündigt. Von einer Verkleinerung der Mannschaften von 11 auf 8 Spieler war aber nicht die Rede.
Vor allem aber ist der Beschluss ein Schlag ins Gesicht für alle Vereine, die erfolgreiche Nachwuchsarbeit machen. Zynisch betrachtet verordnet die erfolglose Mehrheit ihr erfolgloses Konzept der erfolgreicheren Minderheit. Stattdessen wären Konzepte gefragt aus dem unerschöpflichen Pool der Schulschachgruppen mit einladenden Aktionen und Kooperationen Mitglieder zu gewinnen, kein Wort davon.

Wie kann man nun in Zukunft mit der Situation umgehen? Vielleicht im nächsten Jahr einen Gegenantrag stellen und die Rolle rückwärts machen? Ein solches Hin und Her wäre nicht gerade ein sinnvolles Affentheater. Stattdessen könnte man sich eingestehen, dass ein Ligabetrieb mit 6er-Teams noch instabiler wird, weil noch weniger Kontinuität gefördert wird. Also sollte man den eingeschlagenen Weg auch zuende gehen und die Jugendligen ganz abschaffen und durch eine U20-MM ersetzen, analog zu den unteren Altersklassen. Das würde den Weg freimachen für einen völlig neuen Ligabetrieb. Eine „Champions-League“ für die Vereine, die Jugendarbeit ernst nehmen und über alle Altersklassen kontinuierlich betreiben.